Komm ein bisschen mit nach Italien
Komm ein bisschen mit nach Saturnia
Saturnia liegt in der südlichen Toscana, der Maremma, etwa vierzig Kilometer von Grosseto entfernt. Es ist ein hübsches kleines Städtchen mit einem Highlight etwas außerhalb. Man kann das Highlight schon von der Straße aus sehen, denn diese führt von oben an ihm vorbei. Sogar ein Haltepunkt zum Fotografieren wurde eingerichtet.
Aber jetzt fahren wir erstmal in die kleine Stadt hinein, beziehungsweise parken am Rand. In Saturnia und drum herum gibt es einige Hotels, die vom Thermalwasser profitieren und Kuranwendungen anbieten. Die Stadt ist sauber und beschaulich. Sie hat ein, zwei kleine Einkaufsstraßen und einen adretten Platz, auf dem man wandeln kann. Sie verfügt über einige Restaurants und zwei Eisdielen, die direkt nebeneinander liegen.
Ein paar weitere Schritte führen zur Burg mit einer etruskischen Ringmauer, einem römischen Tor und einer römischen Straße, der Via Clodia. Diese ist ein bißchen
steil und holperig, so wie es sich für eine antike römische Straße gehört. Und man hat ja Urlaub und Zeit, da lohnt es sich, ein wenig die Straße entlang zu schwanken (denn zum Schlendern ist sie
nicht geeignet), ein Eis zu essen, einen Cappuccino zu trinken, auf dem Platz zu sitzen und einige Fotos zu machen.
Ein kleineres Highlight (zum großen kommen wir gleich) ist die Tankstelle von Saturnia. Ist sie nicht toll?
Für mich ist das Italien pur. Die Pinie, der Olivenbaum, die kleine Tankstelle, die italienische Flagge, die Ape, fehlt nur ein Etrusker mit einer Tasse Espresso in der Hand. Der kannte zwar noch keinen Kaffee, weil er Tausende von Jahren vor Christus lebte, aber er würde das Bild komplett machen, denn die Toscana ist Etruskerland! Und Saturnia ist eine der ersten etruskischen Städte Italiens.
Nicht nur die Römer wußten, wie man es sich gut gehen läßt, die Etrusker wußten es schon vorher. Und deswegen kommen wir jetzt zum großen Highlight. Wir fahren aus Saturnia heraus und den Hügel wieder hinunter. Linkerhand liegt ein exklusives Spa mit Thermalbad. Aus einem Vulkankrater steigt stetig warmes Wasser Heilwasser hervor. Im dortigen Schwimmbecken schwimmt man über diesem Kegel mit seiner heißen Quelle. Wer viele Scheinchen locker machen will, kann sich dort erholen und sanieren.
Das machen wir aber nicht, wir gehen dahin, wohin auch die Einheimischen gehen. Ein kleines Stückchen die Straße herunter liegen ein paar freie Felder, auf denen man kostenfrei parken kann. Natürlich sind auch Touristen da, aber vor allem Einheimische. Die kommen bereits in Badekleidung und Bademantel, das Handtuch unter den Arm geklemmt. Wir folgen ihnen den Weg entlang, hören schon das Rauschen und riechen den Schwefel: Die Cascate del Molino (die Wasserfälle an der Mühle). Das Wasser hat sich vom Vulkankrater einen Weg gebahnt und schießt als Wasserfall die Felswand hinab. Pro Sekunde sprudeln aus dem Krater 800 Liter warmes Wasser und an unserem Wasserfall kommt verdammt viel davon an. Das Wasser fließt in Naturbecken und bildet Wannen aus Sinter, die sich terrassenförmig den Hang hinunterziehen. Da will ich auch rein.
Das eigene Handtuch legt man irgendwo auf den Boden und wer Badeschuhe hat, ist gut beraten, denn in den Becken liegen auch Steinchen, es ist rutschig durch den Schlamm und man muß von Wanne zu Wanne steigen. Wem das zu ungemütlich ist, der kann auch weiter unten ins große Becken gehen, das dann wieder in ein Flüßlein übergeht, das sich munter plätschernd davon schlängelt. Dort ist es aber voller und ich will meine eigene Wanne mit Wasserfall. Und auch hier hat die Natur alles richtig gemacht. Die Becken sind nach Westen ausgerichtet, die Sonne steht hoch am Firmament und auch Mitte Oktober liegen die Temperaturen immer noch über 30 Grad Celsius. So kann ich faul in meiner Wanne mit 37 Grad warmem Wasser liegen, am Nacken angenehm umspült vom Wasserfall und mich darüber freuen, dass das Thermalwasser so gesund ist und gegen Hautprobleme und Gelenk- und Arthroseschmerzen helfen soll. Einige Besucher schmieren sich mit dem Schlamm Gesicht und Körper ein. Ich döse, genieße und versuche den schwefeligen Gestank nach fauligen Eiern zu ignorieren.
Es gibt auch keine Duschen. Nach dem Bad trocknet man sich ab und zieht die Kleidung über die schweflig riechende Haut. Der Ort ist nicht schick und gestylt, da kommt keiner und bringt Getränke mit Strohhalm und Schirmchen, aber er ist authentisch und naturbelassen, hier ist das richtige italienische Leben und das ist genau richtig so. Vor einiger Zeit versuchte man mal, für die Wasserfälle Eintritt zu verlangen, aber die Einheimischen liefen Sturm, so daß das Vorhaben nicht verwirklicht wurde. Dort erholten sich schon Etrusker und Römer, der Ort ist ein Geschenk der Natur und man muß auch nicht immer alles zu Geld machen. Nun ist der Zugang weiterhin frei zugänglich im Sommer wie Winter, von morgens bis nachts.
Danach stärken wir uns in der kleinen Bar oberhalb noch mit Cappuccino, kalten Getränken und Brötchen. Wir werfen noch einen letzten Blick auf die Wasserfälle als die Sonne schon ganz tief steht, fahren dann schwefelumflort in die Unterkunft zurück und freuen uns (immer noch) über diesen herrlichen Tag.
Viele Grüße
Katja