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ins Haus am Horn, dem ersten Musterhaus des Bauhauses
Das Bauhaus wurde 1919 in Weimar gegründet. Seine Lehre basierte auf den vorangegangenen Reformschulen, Werkstattbewegungen und Kunstgewerbeschulen. Das Bauhaus sollte jedoch radikaler und moderner sein und eine Avantgarde geschaffen werden. Das Handwerk sollte in den Vordergrund gestellt werden und viele Werkstätten wurden eingerichtet für die Bereiche Glasgestaltung, Keramik, Textil, Tischlerei, Metall, Stein- und Holzbildhauerei, Wandmalerei und Fotografie.
Direktor des neuen Bauhauses war der Architekt Walter Gropius, der viele bekannte Handwerkerinnen, Handwerker, Künstlerinnen und Künstler als Lehrer und Dozenten verpflichtete, die sogenannten Meister.
Leider ging man nicht überall in Weimar mit dieser neuen Strömung mit unkonventionellerem Habitus konform. Kindern, die sich nicht benahmen, soll man gar gedroht haben, sie zur Strafe ins Bauhaus zu schicken. Also, für mich wäre das keine Strafe gewesen, ich hätte gerne dort studiert. Aufgrund dieses Unverständnisses übersiedelte das Bauhaus 1925 nach Dessau, wo es bessere Bedingungen vorfand.
Da es im Bauhaus in Weimar keine Architekturabteilung gab, träumte Gropius von der Errichtung einer solchen und er wollte eine ganze Siedlung im Bauhaus-Stil bauen. Zunächst einmal gab es die Bauausstellung 1923 in Weimar, wo Gropius den Geldgebern und Honoratioren der Stadt vorstellte, was das Bauhaus überhaupt so tat und wie die künftige Siedlung beschaffen sein sollte. Hierzu plante und baute man das Musterhaus "Am Horn", direkt oberhalb von Goethes Gartenhaus im Park an der Ilm gelegen.
Entworfen wurde das Haus vom Künstler Georg Mucha mit Unterstützung von Walter Gropius und seinem Architekturbüro. Mucha arbeitete mit dem Prinzip eines Baukastensystems. Um ein großes Viereck wurden kleinere Räume gruppiert. Es gibt das Zimmer der Dame, des Herren, das Kinderzimmer, die Arbeitsnische, das Gästezimmer, die Küche und das Bad. Diese Räume haben alle Fenster. Der große innere Raum hätte normalerweise keine Fenster, da er von den anderen Räumen eingeschlossen ist, aber Mucha hat den Raum auf 4,15 Meter erhöht und oben Fensterbänder aus opakem Glas eingefügt. Somit entsteht ein diffuses Licht und der Raum hätte sich auch gut als Atelier geeignet.
Das Musterhaus bot sich als Experimentierfeld für neuwertige Materialien an. Man verwendete Bauteile, die vorab in Fabriken hergestellt werden konnten. Weiterhin wurde Wert gelegt auf gute Wärmedämmung, was ein erster Versuch des ökologischen Bauens bedeutet.
Das Haus war konzipiert für ein Ehepaar mit ein bis zwei Kindern und das ohne Personal auskommen musste (oder wollte), so dass es pflegeleicht und so geplant war, dass lange Wege und unnötige Arbeiten vermieden werden konnten. Es gab eine moderne Zentralheizung, die technischen Geräte waren auf dem neuesten Stand. Die Inneneinrichtung folgte natürlich ganz dem Bauhausstil und war für damalige Verhältnisse sehr schlicht, aber auch raffiniert und elegant.
Alle Werkstätten waren mit ihren Arbeiten in den inneren und äußeren Bereichen eingebunden (auch in der Gartengestaltung), denn auch hier wollte man zeigen, was die Meisterinnen und Meister und deren Studierende entwerfen und leisten konnten.
Es gab viel Zuspruch für diese Art des Bauens. Die Kritiker waren allerdings zahlreich, zunächst mal die üblichen, die mit dieser modernen und schlichten Art des Bauens nicht viel anfangen konnten. Etwas neues zuzulassen kam für diese traditionell denkenden Menschen nicht in Frage. Das Haus wurde gerade vom Bürgertum mehr als belächelt. Und dann gab es noch die, denen der Entwurf von Mucha nicht radikal genug war, er wäre weit unter seinen Möglichkeiten geblieben, wäre nur dem klassischem, vom römischen Atriumhaus inspirierten, Modell gefolgt. Wie man es dreht und wendet: Das Haus war im Gespräch. Durch die leeren Kassen der Stadt und des Landes im allgemeinen kam es nicht zur großen Bauhaussiedlung, wie ursprünglich geplant. Nach dem Umzug nach Dessau konnte eine solche in Ansätzen realisiert werden (wir reisen noch gemeinsam hier im Blog dorthin). Erst 1995 wurde in Weimar eine solche Siedlung gebaut, "neue" Bauhausarchitektur dicht an dicht und davor unser altes, aber immer noch komplett neu und frisch wirkendes Musterhaus.
Das Musterhaus "Am Horn" ist in das Unesco Weltkulturerbe aufgenommen worden. Wer es besuchen möchte, muss sich leider noch gedulden. Es wird saniert und aufgehübscht, eventuell noch das entfernt, was vom DDR-Erbe übrig blieb und wird 2019 wieder für Besucher geöffnet. Wer sich für Architektur und das Bauhaus interessiert, sollte es sich unbedingt anschauen.
Quellen: Außenansicht des Hauses - Katja Ganski/ Küche und Hauptraum - dpa/ restliche Fotos - courtesy of Freundeskreis der Bauhaus-Universität Weimar e.V. , c) Cameron Baylock