Aus meinem Atelier
Rautenchaos (und eine Tirade über die Fehlbarkeit der Bahn)
Was haben eine Raute und ein Zug gemeinsam? Nichts. Was haben ein Rautenchaos und die ewige Fehlbarkeit der Bahn gemeinsam? Sehr viel.
Dieses Rautenchaos habe ich entworfen. Die Rauten haben sich selbständig gemacht und streben chaotisch nach oben. Strudel und Kreise knallen durch die Gegend und
über allem schwebt der Mond. Linien lösen sich auf und fliegen durch den Raum.
Die Bahn erschafft jeden Tag das Chaos. Letzte Woche bin ich wieder mit der Bahn gefahren und zwar mit dem Metronom, der die Städte in Niedersachsen und auch Hamburg miteinander verbindet und im Gleichtakt durch die Lande fährt. Es gibt nur ein Problem: Der Metronom muß immer die Züge der Deutschen Bahn vorlassen. Die Zugfahrt begann mit 10 minütiger Verspätung, denn ein ICE hatte ein Signalproblem. Im Ruheabteil des Zuges befand ein arabisch sprechender Mann, der in sein Smartphone schrie sowie ein deutschsprachiger Mann, der unentwegt "Horch, was kommt von draußen rein, hollahi hollaho" sang. Wir erreichten dennoch Uelzen und konnten dort den Anschlußzug nach Hamburg erreichen. Auf dem Bahnhof gab es Durchsagen, daß ICs nach Hamburg an diesem Tag wegen eines Fehlers nicht fahren würden. Wir bestiegen den Metronom, um in Lüneburg zu hören, daß der Zug dort enden und gleich zurückfahren würde. Wir könnten in den Westflügel wechseln (wo ist der Westflügel - keine Angabe), wo ein anderer Zug nach Harburg fahren würde. Das ist vor Hamburg. Im Zug erfuhren wir, daß es einen Großeinsatz im Bereich Maschen gäbe (es handelte sich um einen Bombenalarm im Bahnhof Meckelfeld). Der Zugführer machte uns wenig Hoffnungen, fuhr aber schon mal los. Doch, oh Wunder, der Einsatz war beendet und wir gelangten nach Harburg. Die nächste Herausforderung war, eine S-Bahn zu finden, die auch am Hauptbahnhof halten würde. Mithilfe eines jungen Mannes gelang mir dies gut und ich konnte sogar eine andere Haltestelle finden, mit der ich schneller zu meinem Termin gelangen konnte. Mit einer zwanzig minütigen Verspätung gelangte ich an mein Endziel, was glücklicher- und dankenswerterweise zeitlich kein Problem war.
Nach zwei Stunden waren wir fertig und ich trat die Rückfahrt an. Den üblichen Zug um 16 Uhr hatte ich durch die vorherige Verzögerung verpaßt und begab mich zur korrekten Zeit auf den Bahnsteig, um den Zug um 17 Uhr zu erreichen. Der Metronom fuhr nicht ein, denn sämtliche anderen Züge der Bahn hatten Defekte, konnten nicht los- oder einfahren. Später, viel später, wurden wir dann aufgefordert, zu einem anderen Bahnsteig zu wechseln. Leider sind die Lautsprecherdurchsagen im Hamburger Hauptbahnhof nahezu unverständlich. Wir schwankten zwischen Gleis 10 und 11. Nirgendwo war etwas angezeigt und diese Durchsage blieb auch die einzige. Wir durften dann in einen anderen Metronom steigen, der bereits voll besetzt war. Heilloses Gedränge herrschte und auch hier wurden wieder alle Züge vorgelassen, so daß wir mit mittlerweile 40 Minuten Verspätung starten konnten. Die erste halbe Stunde saß ich auf einer kalten Treppe neben dem Abteil der ersten Klasse, wo genau eine Dame mit Pudel saß, dann stieg endlich eine Dame aus, deren Platz ich erben konnte. Mit in unserem Abteil saß ein mittelalter Mann mit leichten Problemen, der uns immer anschrie und uns befahl, das "Maul zu halten". Am Ende dieser Fahrt kam vom Metronom keine Entschuldigung, kein Hinweis, ob ein Zug in Uelzen auf uns warten würde, geschweige denn, wann der nächste Zug abfahren würde.
Spanische Touristen, ältere Damen und andere Reisende waren verwirrt, gemeinsam fanden wir dann heraus, daß wir wohl auf den Zug um 19 Uhr warten müßten. Die Zugfahrt verlief reibungslos, "Hollahi Hollaho" war auch wieder da, suchte sich aber ein anderes Abteil. Statt geplant um 18 Uhr zu Hause zu sein, kam ich nach 20 Uhr dort an.
Mir ist schon klar, daß viele Leute ständig so etwas erleben, wenn sie Zug fahren. Bei meinen etwa 16 Fahrten nach Hamburg verlief genau zweimal alles glatt. Ich könnte für jedes Bahn-Chaos eine weitere Chaoszeichnung anfertigen und hätte immer gut zu tun. Und daher habe ich jetzt folgende Geschäftsidee entwickelt: Die Bahn und der Metronom müssen alle Wartenden unter anderem entschädigen mit einem Buch oder Kalender, in denen meine "Chaos-Zeichnungen" gedruckt sind. Bei täglich mindestens zehntausend genervten Reisenden und einer Zahlung der Bahn in Höhe von sagen wir mal drei Euro an mich für jedes Buch wäre ich sehr schnell sehr reich.